Wie kannst du inneren Frieden haben, auch wenn dein Partner schlecht gelaunt ist?
Sibylle sitzt auf dem großen schwarzen Stein. Das Meer liegt ruhig vor ihr. Es ist Vollmond und das Wasser glitzert wie tausend kleine Kristalle. Vom Meer her weht immer noch eine angenehm warme Brise und spielt mit Sibylles blonden langen Haaren. Kleinen Wellen schlagen rhythmisch und regelmäßig um ihre Füße. Mit tiefen Atemzügen zieht Sibylle die salzig riechende Luft in die Nase. Ihren inneren Frieden hat sie jedoch gerade eingebüßt.
Der junge Mann stapft währenddessen mit energischen Schritten in Richtung Hotel. Sibylle schaut ihm nach und schüttelt fortwährend den Kopf. Innerlich schimpft sie wie ein Rohrspatz. Der Ärger über diesen Mann schnürt ihr fast die Kehle zu. An inneren Frieden beim Anblick des großen Meers ist nicht mehr zu denken.
Schlechte Laune vertreibt den inneren Frieden und überdeckt die schönste Umgebung

Auf ihrer Brust lastet ein Druck, der ihr fast die Luft abschnürt. Verzweifelt blickt sie übers Meer und versucht den Anblick zu genießen. Doch es gelingt ihr nicht. Sie weiß, dass sie später, wenn sie ins Hotel zurückkehrt, in eine eisige schweigende Atmosphäre eintauchen muss. Eine, in der es keinen Blickkontakt und kein freundliches Wort gibt. Ein winziges Hotelzimmer, in dem man sich nicht mal aus dem Weg gehen kann. Na toll, denkt sie. Wäre sie mal besser zu Hause geblieben.
Wenn dein Partner Nähe meidet und du dadurch deinen inneren Frieden verlierst
Sibylle hatte seine Wortkargheit angesprochen und gefragt, weshalb er sich so distanziert verhalten würde mitten im Urlaub. Daraufhin hatte er ihr vorgeworfen, dass sie sich über ihn immer wieder beschweren würde. Sie hätte wohl nie genug und er wüsste gar nicht, was sie jetzt schon wieder von ihm wolle. Sie solle ihn doch einfach in Ruhe lassen.
Sibylle kämpfte gegen die Tränen an, die ihr in dem Moment in die Augen geschossen waren. Zeigen wollte sie ihm nicht, wie sehr er sie damit getroffen hatte. Das hätte vermutlich alles noch schlimmer gemacht. Tränen brachten ihn erst recht unter Druck. Dann wurde er eiskalt und unterstellte Manipulation. Selbst jetzt allein auf dem Stein sitzend versucht Sibylle ihre Tränen hinunterzuschlucken.
Zu zweit allein
Sibylle hofft, dass er früher oder später erkennen wird, dass sie es wirklich gut mit ihm meint. Aber das hat bisher nicht funktioniert. Vermutlich wird sie am nächsten Tag wieder alleine losziehen müssen. Sie hat sich so sehr auf diesen Urlaub gefreut. Meer, Sandstrand, Weite und Nähe. Zärtlichkeit und innerer Frieden. Das hatte sie sich gewünscht.
Doch das hier ist bis auf das Meer, den Sandstrand und die Weite des Horizonts alles andere als das.
Ärger überschattet jeden Genuss und vertreibt den inneren Frieden

Es will Sibylle einfach nicht gelingen, die Enge in ihrem Brustkorb aufzulösen und den Strand zu genießen. Auch darüber ärgert sie sich jetzt. Den Urlaub haben sie sich mühsam zusammengespart. Und nun hockt sie da, am Strand ihrer Träume, und fühlt sich beschissen. Und so ganz und gar nicht entspannt und in Frieden.
Deiner inneren Qual ist es egal, wo du bist – deinem inneren Frieden auch
Eines wird Sibylle glasklar in diesen Tagen. Es ist vollkommen egal, wo du bist. Du nimmst dich und deine Gefühle überall hin mit. Auch der schönste Strand kann dir keinen Frieden schenken, wenn du gerade Streit hast mit deinem Liebsten. Du kannst nichts genießen, wenn du voller unerfüllter Wünsche steckst und dich nach Erfüllung sehnst. Du kannst nicht gelassen bleiben, wenn dich jemand provoziert und du drauf anspringst, weil du keine innere Distanz herstellen kannst.
Innere Unruhe geht nicht einfach weg, nur weil du an einem schönen Strand bist. Stress und Ärger in der Beziehung lösen sich nicht einfach auf, nur weil du von zu Hause weg bist. Im Gegenteil.
Manchmal hilft eine Analyse, um dem inneren Frieden auf die Spur zu kommen
Wenn ich Sibylles Situation analysieren wollte, würde ich sagen, dass ihr Partner die Nähe, die in einem Urlaub entsteht, nicht gut aushalten kann. Er schafft Distanz zu Sibylle, indem er schweigt und schlechte Laune zeigt. Das ist sein Schutzpanzer. Ich würde Sibylle auch sagen, dass sie sich vermutlich keinen einfachen Partner ausgesucht hat. Jedoch hat sie durch ihn eine große Chance auf wertvolle Lernerfahrungen, die ihr Leben bereichern werden. Sofern sie es schafft, sich aus dem Leiden, das in ihrer Brust tobt, herauszuarbeiten. Der erste Schritt ist, innerlich etwas Abstand zur Situation zu bekommen.
Wie du aus deinen Beziehungen lernen kannst
Schwierige Beziehungen lassen dich leiden. Du verlierst sehr schnell deine Gelassenheit, Souveränität und deine innere Ruhe. Doch das hat Ursachen. Und diese Ursachen liegen tief in dir selber. Wenn du dich auf die Reise machst und deine innersten Strukturen kennenlernst, kannst du deine gesamte Situation verändern. Du brauchst Klarheit sowie Geduld und Spucke. Wenn du deine eigenen Gefühlsmuster kennst, kannst du sie auch verändern. Und damit beendest du dein Leiden. Selbst wenn „der andere“ bleibt, wie er ist. Du kannst unabhängig von ihm deine Freude und Gelassenheit behalten bzw. wiederfinden.
Stabilität durch Unabhängigkeit
Eine mögliche Struktur in dir könnte sein, dass du in Stress gerätst, sobald du das Gefühl hast, den Kontakt zu deinem Partner zu verlieren. Es könnte sein, dass dann Unsicherheit in dir aufsteigt und du dich – bewusst oder unbewusst – fragst, ob er noch bei dir ist und dich liebt. An diesem Punkt bist du abhängig. Abhängig vom Kontakt. Andernfalls tauchen unangenehme Gefühle in dir auf, die dich leiden lassen. Deshalb kannst du davon ausgehen, dass Leiden immer auf einer Form von Abhängigkeit basiert. Innerer Frieden geht dabei sehr schnell flöten.
Solange du Harmonie und inneren Frieden spürst, fühlst du dich sicher. Sicherheit empfindest du besonders, solange dein Partner dich gut findet. Du merkst schon – damit hat er dich in der Hand. Das ist eine Form von Abhängigkeit. Die übrigens sehr viele Menschen kennen.
Dein Lernweg in dieser Beziehung könnte sein, dich aus dieser Abhängigkeit zu befreien. Und zu lernen, dich selbst gut zu finden, egal wie der andere gerade denkt und sich verhält.
Werde innerlich frei

Betrachte dein Gegenüber sehr genau. Beobachte sein Verhalten. Und beobachte vor allem deine eigenen Gefühle und Reaktionen. Sei aufmerksam, welche Ängste in dir hochsteigen. Beobachte einfach nur. Halte dich fern von dem Wunsch, dass dein Partner dir in diesem Moment da raushilft. Er erfüllt deine tiefen Bedürfnisse gerade nicht. Auch wenn du’s dir noch so sehr wünschst. Er ist vermutlich gefangen in seinen eigenen Ängsten. Diese treiben ihn dazu, sich so und nicht anders zu verhalten.
Deine Wünsche sind der Schlüssel zum inneren Frieden
Innerer Frieden weicht nur, wenn du an deinen Wünschen und Vorstellungen festklebst. Wenn du nicht verzichten kannst. Doch je flexibler und beweglicher du wirst, umso unabhängiger wirst du auch. Und Unabhängigkeit gibt dir eine sehr attraktive Ausstrahlung. So wie zu Beginn eurer Beziehung. Du warst unabhängig und frei von diesem Menschen. Warum nicht wieder so?
Oft ist es so, dass der Partner dann auf diese Unabhängigkeit abfährt. Er kommt wieder auf dich zu. Sobald du sehr bedürftig und abhängig wirst, zieht er sich zurück.
Das ist ein toxischer Tanz aus Nähe und Distanz. Doch je besser du tanzen kannst, umso weniger leidest du. Also lerne, auf deine Wünsche für diesen Moment zu verzichten. Sag dir dabei: „Nichts bleibt, wie es ist. Auch diese Situation nicht. Ich lass mich mal überraschen, wie sie sich verändert.“
Wer frei ist, kann tanzen und innerlich friedlich sein
Du lernst, Situationen zu steuern, indem du dich selbst steuerst. Genau da beginnt der Genuss. Das Leben ist schön. Ganz egal, wo. Auch mit einem muffigen Partner. Jedenfalls dann, wenn du dich für den Moment wirklich von ihm abwenden und endlich die schöne Aussicht genießen kannst. Nach ihm schauen kannst du ja später wieder… Du siehst, wie stark innerer Friede genau von diesen Qualitäten abhängt.
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